Internet der Dinge: Eine Wutrede auf den Abgesang der Smartwatch

Internet der Dinge: Eine Wutrede auf den Abgesang der Smartwatch

Trotz des massiven Trends des Internet der Dinge werden momentan Gerüchte lauter, die Smartwatch Branche befände sich in einer Sinnkrise. Eine Stellungnahme zu dieser undifferenzierten und falschen Behauptung.

Was habe ich in den vergangenen zwei Wochen nicht alles gelesen. Zu den notorischen Nörglern, die Smartwatches schon seit Erscheinen der ersten Pebble in Grund und Boden reden, gesellen sich nun Mainstream-Medien, die undifferenziert Verkaufszahlen, Stellenstreichungen und Lobbymeinungen aufgreifen und daraus ein Süppchen aus Pessimismus und Kurzsichtigkeit brauen.

Reicht es wirklich schon, dass Apple weiterhin zu den Verkaufszahlen der Apple Watch schweigt, Pebble 25 Prozent seiner Mitarbeiter entlässt und ein Presseservice über Zulieferer berichtet, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr bereit sind, Smartwatch-Platinen herzustellen? Daraus wollt ihr wirklich schon eine unsichere Marktlage heraufbeschwören? Das ist ein bisschen so, als würde ich jede Woche in den gleichen Supermarkt gehen und auf einmal ist mein Lieblings-Orangensaft nicht mehr im Regal. Da denke ich ja auch direkt: Ohje, dem Abfüller muss es aber schlecht gehen, das greift bestimmt bald auf die ganze Saftbranche über. Wer die Smartwatch Branche noch immer tot reden will, ist wirklich auf dem Holzweg. Denn dieses Internet hat sich ja auch nicht durchgesetzt.

Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Während wir Anfang der 2000er Jahre nach der New-Economy-Blase noch gedacht haben, dass dem technischen Fortschritt langsam die Buste ausgeht, ist genau das Gegenteil der Fall. Das Stichwort dieses Jahrhunderts ist „Das Internet der Dinge“. Die Smartwatch ist ein integraler Bestandteil.

Die Smartwatch als integraler Bestandteil des Internet der Dinge

Internet der Dinge: Eine Wutrede auf den Abgesang der Smartwatch

Im Moment sprießen Innovationen aus dem Bereich „Internet of things“ aus dem Boden, wie Schnittlauch im Frühjahr. Egal ob intelligente Heizungsthermostaten, vernetzte Fahrradschlösser oder die revolutionäre Weiterentwicklung der Brille durch die Implementierung der virtuellen Realität – gewöhnliche Alltagsdinge werden zunehmend smart.

Das gilt auch und gerade für die Smartwatch. Neben dem Smartphone, das bereits nah an der Entwicklungs-Endstufe angekommen ist, wie man z.B. an der Innovationsmüdigkeit von Apple erkennt, ist die Smartwatch das einzige technische Gadget, das der User immer bei sich trägt. Die traditionelle Armbanduhr ist ja auch nicht mit dem tragbaren Telefon obsolet geworden. Ganz im Gegenteil. Die Uhr ist immer noch ein Statussymbol, Stilobjekt und für viele Menschen ein essentielles und unverzichtbares Accessoire. Seit hunderten von Jahren.

Die Smartwatch portiert die klassische Uhr lediglich in die Welt des Internet der Dinge. Menschen werden zunehmend feststellen, dass ihr Alltag durch intelligente Helfer nicht komplizierter, sondern deutlich einfacher wird. Schon jetzt streben viele entweder nach einer Maximierung der Freizeit bei gleichzeitig stetigem Einkommen oder einer Maximierung des Einkommens durch klare Prozesse und optimales Zeitmanagement. Das Internet der Dinge hilft genau diesen beiden Zielgruppen, ihr Leben effizienter zu gestalten.

So sieht in fünf Jahren ein Tag mit Smartwatch aus

Internet der Dinge: Eine Wutrede auf den Abgesang der Smartwatch

In spätestens 5 Jahren wird die Smartwatch zentrale Anlaufstelle für das Internet der Dinge. Menschen werden ihren Alltag mit der Smartwatch koppeln. Sie werden sich vom dezenten Vibrieren der Smartwatch wecken lassen, damit Partner und Kind nicht gestört werden. Sie werden das Bluetooth-Radio im Bad mit der Smartwatch starten. Auf dem Display der intelligenten Uhr wird die Zahnputzdauer und der Ladezustand des Zahnbürstenakkus angezeigt. Während die wasserdichte Smartwatch mit unter die Dusche wandert, wird per Touch der erste Espresso zubereitet und die Fensterläden im Erdgeschoss geöffnet. Zum entsprechenden Tages-Style wird das passende Watchface gewählt. Das Auto wird berührungslos per Smartwatch geöffnet und gestartet, Musik lässt sich mit einem Wisch auf der intelligenten Uhr wechseln.

Im ersten Tagesmeeting im Büro wirft man einen dezenten Blick auf das Smartwatch-Display, wenn neue Mails eingehen. Das Smartphone bleibt in der Tasche. Anrufe können direkt mit der Smartwatch geführt werden, dafür sorgt das verbaute eSIM-Modul und der Lautsprecher. Neue Termine können per Spracheingabe mittels der Smartwatch eingetragen und mit Office-Software synchronisiert werden. Die auf der intelligenten Uhr installierte Health-App empfiehlt, in der Mittagspause einen Spaziergang durch den Park zu machen und ein kalorienarmes Sandwich zu essen.

Vor der Rückkehr an den Schreibtisch schickt man seinem Partner ein selbstgezeichnetes Emoji um daran zu erinnern, dass man an sie/ihn denkt. Nach Feierabend geht es ins Fitness-Studio. Der Trainingsplan ist auf der Smartwatch gespeichert und sie erkennt, welche Übungen ausgeführt werden und aktiviert den richtigen Trainingsmodus. Die verbrannten Kalorien sowie Cardio-Werte werden in Echtzeit angezeigt. Der persönliche TV-Screen am Laufband wird per Smartwatch gesteuert.

Nach getaner Arbeit und Fitness-Aktivitäten geht es nach Hause. Sobald der Wagen geparkt ist wird er per Smartwatch abgeschlossen. Die Haustüre funktioniert über das verbaute NFC-Modul und schließt auf, sobald der Smartwatch-User davor steht. Der intelligente Thermostat merkt eigenständig, dass jemand zuhause ist und regelt die Raumtemperatur. Veränderungen sind per Smartwatch möglich.

Per Spracheingabe wird der beste Chinese der Stadt angerufen und lecker Essen bestellt. Eine TV-Fernbiedienung ist nicht mehr nötig, die Steuerung funktioniert über die Smartwatch. Nach dem Essen und einem spannenden Film geht es ins Bett. Die Smartwatch misst und analysiert die Schlafphasen und gibt Tipps zur optimalen Schlafdauer.

5 Jahre? Vieles davon geht schon heute im Internet der Dinge.

Internet der Dinge: Eine Wutrede auf den Abgesang der Smartwatch

Das Verrückte: Alle genannten Alltagsvorgänge sind bereits heute (eingeschränkt) mit Smartwatches möglich. Schlaftracking ist Grundbestandteil eines jeden Smartwatch OS. Die Firma Smarter bietet eine App-gesteuerte Kaffeemaschine. Von Oral B gibt es die Bluetooth Zahnbürste. Jaguar Land Rover bietet für seine Spitzenmodelle eine android wear App. Die Samsung Gear S2 3G ist heute schon mit funktionierendem eSIM Modul ausgestattet und kann autark vom Smartphone verwendet werden. Pebble Health ist die fortschrittlichste Gesundheits-App für Smartwatches, die Tagesempfehlungen direkt in die Timeline des Users einbindet. NEST ist ein intelligenter Thermostat, der über eine entsprechende android wear App gesteuert werden kann. Die bald erscheinende Nixon Mission android wear Smartwatch ist bis 30 Meter wasserdicht. Die Moto 360 Sport besitzt ein eigenes GPS-Modul, das Navigation per google maps möglich macht.

Das Einzige, was die Smartwatch als zentrale Steuereinheit des Alltags noch am Durchbruch hindert, ist die Zeit. Es wird passieren. Es wird Smartwatches geben, die all die o.g. Funktionen beherrschen und gleichzeitig den Charme und Stil einer konventionellen Armbanduhr besitzen. Technisch ist das in einer vernetzten Welt ein Kinderspiel. Daher stellt sich die Frage gar nicht, ob die Smartwatch jemals den Durchbruch schaffen wird. Es stellt sich nur die Frage, wann das Internet der Dinge im Mainstream ankommt.

Das hat auch Steve Jobs erkannt, einer der innovativsten Menschen der Massenelektronik. Die Vision der Apple Watch hat er noch vor seinem Tot maßgeblich mitentwickelt. Und mit dieser Vision steht er nicht alleine. Ganz im Gegenteil. Nahezu alle technischen Visionäre dieser Welt, die wirklich Einsicht in die Branche haben, sehen die Smartwatch ebenfalls als zentrale Steuereinheit der Zukunft. Zum Beispiel David Singleton, Smartwatch-Chef bei Google, der kürzlich dem Businessinsider ein großes Interview zu diesem Thema gegeben hat.

Wer den Abgesang der Smartwatch vorantreibt, stellt sich gegen das Internet der Dinge

Kommen wir noch mal kurz auf die so genannten Meinungsmacher der Mainstream-Medien zurück, die sich mittlerweile eine große Kelle der selbst gebrauten Suppe gegönnt haben. Ihr habt über den Niedergang von Pebble geschrieben, weil jetzt 25 Prozent der Belegschaft entlassen werden musste. Völliger Quatsch. Wer Pebbles Strategie kennt, weiß, dass das Unternehmen sich seit der ersten Kickstarter-Kampagne permanent neu erfindet. Zwischen der ersten Pebble Smartwatch und der Pebble Time Round liegen nicht nur eine Handvoll Jahre, sondern auch eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. Pebble war das Crowdfunding-Vorzeigemodell, das zugegebenermaßen gerade in finanziellen Schwierigkeiten steckt.

Als Pionier haben sie die early adopters abgegriffen, ihre Produkte erfolgreich in den Mainstream transportiert und nun fehlt schlichtweg das Kapital für neue Innovationen, die logischerweise unabdingbar sind, wenn man sich mit Konkurrenten wie Google, Intel, Samsung, Lenovo oder Sony in einem Haifischbecken befindet.

Dann wäre da noch Apple. Immer diese Intransparenz hinsichtlich der Apple Watch Verkaufszahlen, schreien die Journalisten. Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Apple Watch mit Abstand die meistverkaufte Smartwatch weltweit ist. Und das, obwohl sie erst seit ziemlich genau 12 Monaten auf dem Markt ist. Wäre die Apple Watch außerdem auch für die Mittel- und Unterschicht erschwinglich, wären die Verkäufe gravierend höher.

Und dann schwappen da auch noch unbestätigte Gerüchte aus Fernost rüber, dass jetzt die ersten asiatischen Platinenhersteller die Wirtschaftlichkeit von Smartwatches anzweifeln. Vielleicht sind das gerade diejenigen, die einen Pitch zur Herstellung von Hardware-Teilen für die Apple Watch, Samsung Gear S2 oder Moto 360 2 verloren haben. Solange sich kein großer Hersteller offiziell seine Smartwatch-Pläne verwirft, ist nicht davon auszugehen, dass die Gerüchte mehr sind, als billige Meinungsmache um Klicks zu erhaschen.

Selbst die konservative Schweizer Uhrenindustrie setzt zukünftig auf Smartwatches

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Wie schnell sich die Meinung zu Smartwatches drehen kann, hat ja kürzlich die Schweizer Uhrenindustrie gezeigt. Lange Zeit war der konspirative Kreis der Luxusuhrenhersteller geschlossen gegen den Vormarsch der intelligenten Uhr. Man wollte das „Problem“ einfach aussitzen. Doch spätestens seit der Baselworld 2016, auf der mehr Smartwatches als je zuvor gezeigt und vorgestellt wurden, dreht sich die kritische Haltung der Uhrenbosse. Jean-Claude Biver ist da mit seiner Tag Heuer Connected das Best Practice Beispiel. Während in Schweizer Kreisen herzhaft über die 1.350 Euro teure Luxus Smartwatch gelacht wurde, zahlte sich der Mut von Biver eindeutig aus. Die Tag Heuer Connected ist auf Jahre ausverkauft und das Unternehmen kommt mit der Produktion der Smartwatch kaum hinterher.

Aufgrund dieses Erfolgsmodells wacht der konspirative Zirkel Schweizer Uhrenbosse langsam auf. Tissot hat mit der Smart Touch ein interessantes Smartwatch Konzept präsentiert und wird für den Swatch-Konzern damit zu einer Internet der Dinge Spielwiese. Hublot könnte ebenfalls bald mit einer eigenen Smartwatch überraschen.

Der Kreis beginnt sich zu schließen. Dort, wo vor Jahrhunderten die Revolution der Armbanduhr begann, könnte wieder Bemerkenswertes passieren. Denn sobald die größte Uhrenlobby der Welt einmal vom Konzept Smartwatch überzeugt ist, gibt es nur noch einen Weg für die Smartwatch: Zurück in die Zukunft.

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